Über die Familie Philgus, insbesondere über den Prediger Balthasar Philgus (1601-1653), sind soviel Informationen überliefert, daß ich Sie auf einer eigenen Seite zusammenfassen möchte.
Um 1527 ist der Name Philgus (er kommt auch als Filgus, Vilguß usw. vor) erstmals in Kempten bezeugt, mit Michel Filgus, Mitglied der Schmiedezunft (Gößner: S. 89).
1534, am 17. November, wird Hanns Vilgus, Wundarzt und Barbierer von Ingertried als Bürger aufgenommen (Weitnauer: Bürgerbuch, S. 8).
1557 ist der Papierer Hans Vilgus Zeuge (Nebinger: Geburts- und Freibriefe, Nr. 47).
1559, aus diesem Jahr ist eine vollständiges Steuerbuch überliefert, zahlen drei Mitglieder der Familie Steuern. (nach Weitnauer: Bürger aus 6 Jh., S. 127 ff).
• Marx Filgus, 1 lb. 9 h,
(aaO. S. 135).
diese Summe ist durchgestrichen mit der Anmerkung
"Nota von wegen seines begegneten todschlags und noch nit wissent,
wie er damitt vertragen, sind allein zur Steuer gnomen worden 8 s"
(aaO. S. 147).
• alt Hannß Vilguß, 5 lb. 15 s 5 h
(aaO. S. 140).
• jung Hannß Vilguß, 8 s
(aaO. S. 140).
Der Betrag von 8 Schilling im Jahr war die Mindeststeuer.
Man darf wohl annehmen, daß alter und junger Hannß Vilguß Vater und Sohn sind. Der Senior dürfte derjenige sein, der 1534 als Bürger aufgenommen wurde, der Junior derjenige, der 1572 den Wappenbrief erhalten hat. Weitere Kinder des Seniors und seiner Frau Sybilla sind die weiter unten erwähnten David und Euphorisine.
Wie Marx Filgus mit den beiden anderen verwandt ist, kann man nicht sagen. Auf jeden Fall scheint er den Totschlagversuch überlebt zu haben (siehe 1564).
1562 wird für David Filgus, Barbierer und Wundarzt, ein Geburts- und Freibrief ausgestellt. Seine Eltern sind Meister Hans Filgus, Barbierer und Wundarzt, und Sybilla Honoldin (Nebinger: Geburts- und Freibriefe, Nr. 83).
1564 wird anläßlich der Pestepidemie der Barbier Marx Filgus in der Schwarz´sche Chronik erwähnt "Marx Filgus, Barbierer, war zu den krankhen bestelt" (nach Weitnauer: Bürger aus 6 Jh. S. 124).
1566 erscheint Maister Hanß Vilgus als Bürge bei einer Bürgeraufnahme (Weitnauer: Bürgerbuch, S. 27).
1566 ist Hans Vilgus Zeuge (Nebinger: Geburts- und Freibriefe, Nr. 134).
1567 erscheint Hanns Vilguß in einem Quartierverzichnis, (nach Weitnauer: Bürger aus 6 Jh. S. 152).
1570 ist alt Hans Vilgus Zeuge (Nebinger: Geburts- und Freibriefe, Nr. 154).
1572 erhält Hans Philgus den Wappenbrief. Er ist der Vater des Wundarzt und Barbier Balthasar Philgus (Cyperrek, Nr. 14160).
1585 beurkundet der Rat, daß Euphorisine Filgussin, eheliche Tochter des verstorbenene alt Meister Hans Filguß und der Sibylla Honoldtin 1561 in Kempten den Pfarrer Joannes Egkel aus Hall in Tirol geheiratet hatte. (Nebinger: Geburts- und Freibriefe, Nr. 220).
1591 erscheint Faelix Filgus als Bürge bei einer Bürgeraufnahme (Weitnauer: Bürgerbuch, S. 48).
1624 ist Marx Filgus, Barbierer und Wundarzt, Zeuge (Nebinger: Geburts- und Freibrief Nr. 368).
1631 ist Jacob Filguß mit einer Muskete in der Bewaffnungsliste erwähnt (Weitnauer: Bürger aus 6 Jh. S. 171).
Er wird von Gößner und Cyperrek als Vater des Predigers angegeben. Cyperrek gibt das Geburtsjahr als ca. 1570 an und bezeichnet ihn als Wundarzt, bei Gößner ist er Barbier.
1597 Heirat mit Anna Jelin, 7 Kinder, das jüngste erst nach dem Tod des Vaters geboren. Er starb an den Folgen eines Brandes, als sein ältester Sohn noch ein Kind war. (Gößner: S. 89).
Wolfart erwähnt in seiner "Geschichte der Stadt Lindau" die Festpredigt vom 12. November 1648 anläßlich des Westfälischen Friedens und die Predigt anläßlich des Abzugs der Garnison am 23. September 1649, die Streitigkeiten mit Kollegen und Rat, die schließlich zu Philgus' Wechsel nach Tübingen führten sowie die von ihm verfaßte "Kinderlehre". Wolfart, K.: Geschichte der Stadt Lindau im Bodensee. Lindau, Stettner 1909 1. Band, II. Abteilung, S. 73, 94, 96
Cyperrek berichtet im wesentlichen das gleiche und gibt Wolfart als Quelle an. (Cyperrek #7080).
Stammte aus Kempten (Allgäu), war später in Lindau (Bodensee) Pfarrer. Dort hielt er in der Kirche am 12.11.1648 den Fest- und Dankgottesdienst als der Westfälische Friede den 30jährigen Krieg beendet hatte. [...] Als am 20.9.1649 die letzten Kriegsvölker aus Lindau abzogen, feierte man wieder mit einer Festpredigt dieses Ereignis [...] 1651 verließ Balthasar Philgus, der mit dem Rat der Stadt, wo er seit 1627 gewirkt hatte, Streitigkeiten bekam, Lindau und wurde Professor an der Universität Tübingen. Er wurde bekannt durch einen Katechismus, die "große Kinderlehre" die 1644 zuerst erschien und fast hundert Jahre in Gebrauch war. Er starb vermutlich 1653 (jedenfalls nicht vorher) in Tübingen. In der ev.-luth. St. Stephanskirche in Lindau hängt links vom Altar ein Ölbild aus damaliger Zeit, Balthasar Philgus darstellend. (Vgl. hierzu Wolfart, Geschichte der Stadt Lindau)
Die ausführlichste Darstellung seines Lebens findet sich bei Gößner, der eine wissenschaftliche Arbeit über Philgus verfaßt hat. (Gößner). Hier eine Zusammenfassung als tabellarischer Lebenslauf:
24.10.1601 | Geburt in Kempten als ältester Sohn des Barbiers Balthasar Filgus |
Besuch der Lateinschule in Kempten | |
1622-1623 | Philosophiestudium in Tübingen |
1623-1625 | Theologiestudium in Straßburg |
1625-1627 | Konrektor der Lateinschule in Kempten |
1626 | Heirat mit Magdalena Schacher, Tochter des Predigers Elias Schacher (der 1633 von den Kaiserlichen erschlagen wurde nachdem diese Kempten gestürmt hatten), 5 Kinder von denen 2 das Erwachsenenalter erreicht haben |
1627-1651 | Prediger in Lindau |
1636 | Heirat mit Magdalena Deller |
1639 | Heirat mit Barbara Albrecht |
1647 | Aufnahme ins Lindauer Bürgerrecht |
1651-1653 | Professor in Tübingen |
Okt. 1652 | Heirat mit Ursula Bopfenhauser |
Mai 1653 | gestorben in Tübingen |
Gößner gibt auch das Bild von Philgus wieder, das aber - anders als 1968 - inzwischen nicht mehr in der Kirche St. Stephan zu sehen ist.
Gößner schreibt, seine Lebensgeschichte sei etwas schleierhaft gewesen. (Gößner S. 97). Er hat in Tübingen und Sraßburg studiert uns soll 1652 zum Katholizismus übergetreten sein (hat er bestimmt nur gemacht um seinen Vater zu ärgern). Nach dem Tode des Vaters stand er unter Vormundschaft. Ich weiß nicht, ob das in der damaligen Zeit für einen 21jährigen Waisen üblich war.
Cyperrek schreibt nur, weshalb er nach Wiesbaden gekommen ist, sei bisher unbekannt. (Cyperrek #7080).
Ob er nun das schwarze Schaf der Familie war oder nicht, immerhin war er in Idstein anscheinend ein wichtiger Mann, er wird in den Jahren 1657 bis 1667 als Gerichtsschreiber, Amtsschreiber, Sekretär, Registrator, Präsenzmeister und Organist erwähnt.
1657 ist er mit Anna Elisabeth Kützel verheiratet. Aus dieser Ehe sind folgende Kinder bekannt:
Johann Balthasar (1657-1729)
Johann Phillip (1663-1719)
1684 wird er zum ersten Mal in Wiesbaden erwähnt, auch hier ist er Amtsschreiber und Organist.
1689 stirbt seine Frau. 1691 heiratet er Anna Margaretha, die Witwe des Sebastian Posten, Landhauptmann und Oberschultheiß in Idstein.
1695 ist er der größte Grundbesitzer in Wiesbaden und war bei seinem Tod 1700 einer der wohlhabenderen Wiesbadener Bürger.
Er war Chirurg in Wiesbaden und hat damit den gleichen Beruf wie einige seiner Kemptner Vorfahren ausgeübt.
1686 Heirat mit Anna Elisabeth Scholl.
Regina Elisabeth, * 1688, oo 1713 Georg Caspar Ulrici, + 1731
Joh. Reinhardt, * 1702, oo 1728, + 1730, Barbierer und Gastwirth in Stadt Maintz dahier
1699 ist er der größte Steuerzahler in Wiesbaden
3.1.1692 oo d, Johann Philipp Ph., Sohn des Amtsschreibers
Joh. Philip Philgus, Bürger und Bender, * ca. 1663, + 5.9.1719 in Wiesbaden (56 J.3 m 10 t.)
Johann Balthasar, *1701 in Wiesbaden, Sohn v. Joh. Philip Phligus, Die Matrikel der Lateinschule der Franckeschen Stiftungen zu Halle www.francke-halle.de führen einen Philgus, Jo. Balthasar auf, der am 15.06.1718 in die Lateinschule aufgenommen wurde. oo 12.6.1731 in Wiesbaden, Gastgeber und Wirt im Karpfen, Johann Conradt, * 1704, Sohn v. Joh. Balth., oo 1730
1722 promoviert ein Johannes Balthasar Ph. in Jena
1725 promoviert ein Johann Balthasar Ph. aus Wiesbaden in Heidelberg
Am 17.9.1746, der Mediziner Johann Jacob Ph. aus Wiesbaden promoviert in Jena, die Dissertationsschrift "De Medicamentis Resolventibus" (27 S. auf Latein) ist erhalten.
1760 schreib er das Büchlein "Wissbadische Kranckengeschichte oder Erzehlung Merckwuerdiger Curen", eine Sammlung von Success-Stories über die Heilwirkung des Wiesbadener Thermalwassers.
Schatzungsregister Wiesbaden 1753
Balthasar Philgus |
Clemens Philgus Wittib |
Hr. Dr. Philgus |
Philipp Philgus |
Bürgeraufnahmen in Wiesbaden (Thomä: Bürgeraufnahmen).
1766 | Michael Balthasar Philguß |
1770 | Philipp Nicolaus Philgus (aber Eintrag durchgestrichen) |
1771 | Philipp Nicolaus Philgus |
1795 | Philip Peter Philgus |
1798 | Friedrich Bernhard Philgus |
Leichenpredigten etc.
In der Landesbibliothek gibt es eine Sammlung "Gedichte, gelegentlich von Verlobungen, Vermählungen, Todesfällen und sonstigen bemerkenswerten Anlässen in nassauischen Familien 1708-1795" darin 10.9.1749 oo Philgus / Schäffer, der Arzt hatte wohl eine (ehemalige) Patientin geheiratet, 23.4.1778 + Joh. Georg. Chr. Philgus, cand. jur., *Juni 1755 in Wiesbaden 1760 (am Abend vor dem Osterfest) + Johann Jacob Philgus, Stadtphysikus, *11.10.1715 in Wiesbaden
Der Name Philgus in den Matrikel des Idsteiner Gymnasiums (Heiler: Idsteiner Matrikel).
1704-08 | Johann Philipp | Wiesbaden |
1704 | Johann Friedrich | Wiesbaden |
1718 | Johann Balthasar | Wiesbaden |
1730/31 | Johann Jakob | Wiesbaden, + 1760 als Stadtphysikus |
1773 | Anton Otto Christian | Wehen, + 27.3.1838, Hofrat in Wiesb. |
1773 | Jakob | Wiesbaden, + 23.4.1778, cand. jur. |
Im nassauischen Staats- und Adreßhandbuch für 1825/26 erscheinen zwei Beamte mit Namen Philgus
Anton Otto Christian Philgus | Hofrath, Archivar beim Oberapellationsgericht |
Friedrich Ludwig Philgus | Rechnungsrath bei der General-Domänen-Direction |
Der amerikanische Social Security Death Index weist drei verstorbene Personen mit dem Namen Philgus aus
Blanche Philgus | 1900-1984 |
Bertha Philgus | 1869-1967 |
Frank Philgus | 1898-1979 |
Heute findet sich im deutschen Telefonbuch www.telefonbuch.de nur ein Eintrag zum Namen Phligus, und zwar ein Rüdiger Philgus in Stendal.